Die Erkennung und das Verständnis unserer eigenen sowie der Denkmuster anderer Menschen kann eine Vielzahl von Vorteilen mit sich bringen. Wir können Handlungen besser nachvollziehen, besser mit unserem Gegenüber kommunizieren und unsere Reflexions- und Empathiefähigkeit weiterentwickeln.

Heute möchten wir uns gemeinsam mit der aufregenden Welt der kognitiven Verzerrungen auseinandersetzen. Klingt kompliziert? Keine Sorge, wir werden mit Leichtigkeit in dieses spannende Thema eintauchen.

In dieser Blogserie befassen wir uns mit den 50 kognitiven Verzerrungen und entdecken ihren Einsatz im Coaching.

Was sind die 50 kognitiven Verzerrungen?

Die 50 kognitiven Verzerrungen (engl. Cognitive Biases) sind eine Vielzahl von Denkmustern und Irrationalitäten, die unsere Wahrnehmung, Urteilsfähigkeit und Entscheidungsfindung beeinflussen können.

Sie entstehen aufgrund von mentalen Abkürzungen, Vorurteilen und Verzerrungen, die uns dazu verleiten, Informationen selektiv zu interpretieren, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen und uns von irrationalen Denkmustern leiten zu lassen.

Diese Verzerrungen können uns dazu bringen, die Realität verzerrt wahrzunehmen und Entscheidungen zu treffen, die nicht immer rational oder objektiv auf andere wirken oder gar sind.

Indem wir uns bewusst mit den 50 kognitiven Verzerrungen auseinandersetzen, können wir unsere eigenen Denkfähigkeiten erweitern, kritischer denken und unsere Beratungspraxis auf ein höheres Niveau bringen.

Bestätigungsfehler

Was wir glauben, suchen wir auch. Der Bestätigungsfehler bezeichnet unsere Tendenz, Informationen zu bevorzugen, die unsere vorhandenen Überzeugungen und Meinungen unterstützen.

Als Coach ist es unsere Aufgabe, Offenheit und Reflexion zu fördern. Indem wir unseren Klient*innen helfen, verschiedene Blickwinkel einzunehmen und auch abweichende Meinungen zu betrachten, erweitern wir ihre Denkmöglichkeiten und ermöglichen ihnen ein umfassenderes Verständnis.

Beispiel: Eine Person, die an Horoskope glaubt, erinnert sich nur an die Male, in denen ihre Vorhersagen zutrafen, und ignoriert die Male, in denen sie falsch lagen.

Verfügbarkeitsheuristik

Unsere Wahrnehmung wird von verfügbaren Informationen beeinflusst. Die Verfügbarkeitsheuristik besagt, dass wir dazu neigen, die Häufigkeit oder Bedeutung eines Ereignisses anhand von leicht zugänglichen Beispielen oder Informationen zu beurteilen.

Als Coach ist es daher umso wichtiger, unsere Klient*innen darauf hinzuweisen, dass unsere Wahrnehmung durch verschiedene Einflüsse verzerrt sein kann. Indem wir sie dazu ermutigen, bewusst über ihre eigenen Denkmuster nachzudenken und alternative Informationen zu suchen, fördern wir ihre kritischen Denkfähigkeiten.

Beispiel: Nachdem in den Medien über einen Flugzeugabsturz berichtet wurde, haben Menschen eine irrationale Angst vor dem Fliegen, obwohl die Wahrscheinlichkeit eines Flugzeugabsturzes sehr gering ist.

Status-quo-Bias

Der Status-Quo-Bias erklärt, warum Veränderungen so schwerfallen; wir haben nämlich eine Vorliebe für den Erhalt des aktuellen Zustands und die Abneigung gegen Veränderungen.

Als Coach unterstützen wir unsere Klient*innen häufig dabei, Veränderungsprozesse anzustoßen und Gewohnheiten zu überwinden. Wir können ihnen dabei helfen, ihre Komfortzone zu erweitern und neue Wege zu erkunden. Indem wir Veränderungen als positive Möglichkeit framen, eröffnen wir ihnen neue Perspektiven und fördern ihr Wachstum.

Beispiel: Wir bleiben bei unserem langjährigen Mobilfunkanbieter, obwohl es wahrscheinlich günstigere und/oder bessere Tarife gäbe. Wir bleiben beim alten Mobilfunkanbieter, weil dieser vertraut und bekannt ist.

Reaktanz

Reaktanz tritt auf, wenn wir uns gegen Zwang oder Einschränkungen wehren. Es ist unsere natürliche Reaktion, wenn wir das Gefühl haben, unsere Freiheit oder unsere Handlungsmöglichkeiten werden beschränkt.

Als Coach sind wir mit Widerständen konfrontiert, die unsere Klient*innen daran hindern, Veränderungen anzunehmen. Wir können sie dabei unterstützen, diese Widerstände zu erkennen und zu verstehen. Indem wir ihre Autonomie respektieren und sie ermutigen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und somit ihre Selbstwirksamkeit zu steigern, fördern wir ihre Veränderungsbereitschaft und ermöglichen ihnen, alte Denkmuster loszulassen.

Beispiel: Angenommen, eine Person besucht einen Supermarkt und sieht ein Werbeschild, das besagt: “Nur heute: Begrenzter Vorrat, maximal zwei pro Person!” Obwohl die Person ursprünglich nicht vorhatte, das beworbene Produkt zu kaufen, spürt sie plötzlich ein Gefühl des Widerstands gegen die Einschränkung. Sie fühlt sich in ihrer Wahlfreiheit eingeschränkt und verspürt den Drang, das Produkt zu kaufen (oder vielleicht sogar mehr zu kaufen), obwohl sie es eigentlich nicht braucht.

Halo-Effekt

Der erste Eindruck zählt. Der Halo-Effekt beschreibt die Tendenz, eine Person oder ein Objekt aufgrund einer herausragenden positiv wahrgenommenen Eigenschaft oder eines positiven Merkmals insgesamt optimistischer zu bewerten (dies gilt auch für negative Eigenschaften).

Als Coach betrachten wir unsere Klient*innen als ganze Menschen und vermeiden voreilige Urteile. Wir ermutigen sie dazu, ihre Stärken und Schwächen realistisch wahrzunehmen und sich nicht von oberflächlichen Eindrücken blenden zu lassen.

Beispiel: Wenn jemand als attraktiv wahrgenommen wird, neigen wir dazu, ihn auch für intelligent, freundlich und kompetent zu halten.

Selbstwertdienliche Verzerrung

Die Macht des positiven Selbstbildes. Die selbstwertdienliche Verzerrung bezieht sich darauf, dass wir uns selbst in einem positiveren Licht sehen als objektiv gerechtfertigt. Dabei geschehen unsere Gewinne aufgrund fleißiger Arbeit, aber unsere Misserfolge passieren aufgrund externer Ursachen.

Als Coach unterstützen wir unsere Klient*innen dabei, ein realistisches Selbstbild zu entwickeln und Selbstreflexion zu fördern. Wir ermutigen sie dazu, ihre Erfolge anzuerkennen, aber auch ihre Fehler und Schwächen zu akzeptieren. Indem wir ein unterstützendes Umfeld schaffen, ermöglichen wir ihnen, ihr volles Potenzial zu entfalten.

Beispiel: Die gute Note bekommen wir, weil wir viel für die Prüfung gelernt haben. Die schlechte Note rechtfertigen wir damit, dass unser/e Lehrer*in uns nicht mag.

Gruppenkonformität

Der Einfluss sozialer Normen. Die Gruppenkonformität beschreibt unsere Tendenz, uns an die Meinungen und Verhaltensweisen der Gruppe anzupassen, um einerseits Akzeptanz und Zugehörigkeit zu erfahren und andererseits Konflikte zu vermeiden.

Als Coach sensibilisieren wir unsere Klient*innen für den Einfluss sozialer Normen auf ihr individuelles Denken und Verhalten. Wir ermutigen sie dazu, ihre eigenen Werte und Überzeugungen zu reflektieren und authentisch zu sein. So können wir sie dabei unterstützen, selbstbestimmte Entscheidungen zu treffen und ihren eigenen Weg zu gehen.

Beispiel: Nehmen wir an, in einer Diskussionsrunde sprechen sich alle Teilnehmer*innen für eine bestimmte Lösung aus, obwohl eine Person Bedenken hat oder anderer Meinung ist. Aufgrund des Gruppendrucks und des Wunsches, akzeptiert zu werden, passt sie ihre Meinung an die Gruppenmeinung an.

Framing-Effekt

Die Macht der Sprache und Kommunikation. Der Framing-Effekt beschreibt, wie die Art und Weise, wie Informationen präsentiert werden, unsere Wahrnehmung und Entscheidungsfindung beeinflusst. Dadurch können wir verschiedene Schlussfolgerungen aus denselben Informationen ziehen – abhängig davon, wie uns die Informationen präsentiert werden.

Als Coach zeigen wir unseren Klient*innen die Bedeutung von Kommunikation und Sprache auf. Wir ermutigen sie dazu, verschiedene Perspektiven einzunehmen und alternative Interpretationen von Situationen zu betrachten. So ermöglichen wir ihnen, bewusstere Entscheidungen zu treffen und ihre Denkmuster zu erweitern.

Beispiel: Eine Studie über Medikamente mit den Formulierungen “95% Erfolgsrate” und “5% Misserfolgsrate”: Je nachdem, wie die Ergebnisse präsentiert werden, kann dies das Vertrauen in die Wirksamkeit des Medikaments beeinflussen.

Anchoring-Effekt

Die Macht der Ankerpunkte. Der Anchoring-Effekt beschreibt unsere Tendenz dazu, unsere Urteilsbildung und Entscheidungsfindung von vorgegebenen Referenzpunkten beeinflussen zu lassen.

Als Coach machen wir unsere Klient*innen auf die Auswirkungen von Ankerpunkten auf ihr Denken bewusst. Denn indem wir uns des Anchoring-Effekts bewusst werden, sind wir auch weniger anfällig, in diese Denkfallen zu tappen.

Beispiel: Wir sehen im Laden, dass ein T-Shirt um 50% verbilligt ist. Damit gehen wir davon aus – völlig egal wie teuer das Endprodukt ist – dass es sich um einen tollen Deal handeln muss.

Welcher der ersten neun kognitiven Verzerrungen kam dir besonders bekannt vor? Welche kanntest du schon und welche hat dich völlig überrascht?

Part 2 mit vierzehn weiteren kognitiven Verzerrungseffekten findest du hier auf unserem Blog – tauche somit noch tiefer in die Welt von unseren psychologischen Denkmustern ein und mache sie dir selbst für deinen Alltag bewusst.

Möchtest du mehr Details erfahren und zukünftig als Coach mit kognitiven Verzerrungen und den Erkenntnissen dahinter arbeiten? Informiere dich jetzt an für unsere Ausbildung zum/zur Lebens- und Sozialberater*in! Alle Informationen dazu findest du hier auf unserer Webseite. Direkt zur Anmeldung gelangst du über diesen Link.  Wir freuen uns darauf mit dir gemeinsam die menschlichen Denk- und Verhaltensmuster zu ergründen.