Dramen in Filmen, Serien oder Büchern haben einen riesigen Entertainment-Faktor und viele erfreuen sich regelmäßig daran. Schleicht sich das Drama jedoch im echten Leben ein, führt das oft zu Konflikten und dem Hochgehen von Emotionen. Das Modell des „Drama Dreiecks” ist also nicht unbegründet ein wichtiges Werkzeug im Coaching. In diesem Artikel erfährst du, wie du es zielgerichtet nutzen kannst.

Bewusst oder unbewusst, wir alle spielen manchmal in unserem Leben „Drama”. Wir sehen uns als Opfer einer Situation, wir sind angriffslustig oder die Retter*innen in der Not – so besagt es jedenfalls das „Drama Dreieck”. In diesem hat Stephan Karpman drei Rollen definiert: den Verfolger (später auch häufig Täter genannt), den Retter und das Opfer.

Das Drama Dreieck im Alltag und im Coaching

Im täglichen Leben schlüpfen wir häufig in diese Rollen und „spielen” mit anderen Menschen Drama. Nämlich dann, wenn wir zum Beispiel mit Täter-Energie Schuldzuweisungen machen, wenn wir uns in Opfer-Haltung aus der Verantwortung ziehen oder retterhaft, ungebeten für andere in die Presche springen, in dem Glauben, nur so eine Situation entschärfen zu können. Wie genau sich diese Rollen äußern und weitere Basics zum Drama Dreieck, haben wir dir bereits in diesem Artikel zusammengefasst.
Das Wissen über das Drama Dreieck macht das Beobachten gewisser Handlungsabfolgen oft schon um einiges spannender. Wenn du schon etwas Erfahrung mit dem Drama Dreieck gesammelt hast, kannst du es dir auch zielgerichtet zu Nutze machen – zum Beispiel im Kontext Coaching oder Lebens- und Sozialberatung. Wie? Wir haben vier Einsatzmöglichkeiten für dich gesammelt.

Einsatzmöglichkeit 1: Aus dem Drama Dreieck aussteigen

Wenn dir das Drama Dreieck bereits ein bisschen bekannt ist, kennst du wahrscheinlich die wohl offensichtlichste Einsatzmöglichkeit. Du kannst die typischen Verhaltensweisen durchbrechen und das Drama so auflösen. Hat dein Gegenüber ein Drama und hast du den Auftrag, es aufzulösen, können folgende Fragen im ersten Schritt helfen. Versuche also zuerst, die Drama-Rolle zu erkennen und stelle dann die entsprechende Frage:

  • Täter/Verfolger: Worum geht es dir? Was ist dir gerade wichtig? – Häufig verbergen sich hinter Täter-Handlungen nämlich verletzte Werte. Hast du diese erfragt, kannst du die Person darin unterstützen, Wege zu finden, wie diese Werte gewahrt werden können.
  • Retter: Wie fühlst DU dich? Wie geht es dir in der Situation? – Hinter „Rettungs-Aktionen” stecken oft Gefühle, die mehr mit der eigenen Person zu tun haben, als mit der des „Opfers” in dieser Situation. Mit diesen eigenen Gefühlen in Kontakt zu kommen, ist der erste Schritt aus dem Drama hinaus.
  • Opfer: Was ist passiert? Was kannst du konkret beobachten? – Häufig nehmen Personen, die in die Opfer-Rolle fallen, das Geschehen verzerrt wahr. Dazu kommt ein Gefühl von „Ich kann nichts machen”. Verhilf der Person also zunächst, das Geschehene möglichst objektiv zu beleuchten und im nächsten Schritt dazu, selbstwirksam zu handeln.

Einsatzmöglichkeit 2: Generieren von Ideen

Den Rollen des Drama Dreiecks liegen gewisse Einstellungen zu Grunde und basierend auf denen, werden Handlungen gesetzt und Aussagen getätigt:

  • Täter: Ich bin OK – Du bist nicht OK
  • Opfer: Ich bin nicht OK – Du bist OK
  • Retter: Ich bin nicht OK – Du bist nicht OK

Die dramafreie Einstellung hingegen wäre „Ich bin OK – Du bist OK”. Wer diese Einstellung an den Tag legt, kann in seine Primärenergien kommen: Die Macherenergie, die Mentorenenergie und die Musenenergie. Nutzt du also nicht die Drama-Energien, sondern Primärenergien (Musenenergie statt Opfer – Macherenergie statt Täter – Mentorenenergie statt Retter), kannst du diese zur Generation von Ideen verwenden. Folgende Leitfragen können dabei nützlich sein:

  • Musenenergie: Welche Lösungsmöglichkeiten gäbe es? Welche Ideen hast du, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen?
  • Macherenergie: Wie kannst du das konkret umsetzen? Wie würde ein Plan aussehen?
  • Mentorenenergie: Gibt es etwas, das bei dieser Lösungsmöglichkeit schief gehen könnte? Welche potentiellen Stoplersteine gibt es? Wo sind Herausforderungen?
    .) Wird die Idee als umsetzbar beurteilt, sollte noch festgestellt werden, ob Kopf und Bauch die Option auch „absegnen”. Dann können konkrete erste Schritte fixiert werden.
    .) Wird die Idee noch als problematisch angesehen, können mit der Musenenergie wieder neue Optionen gebrainstormt werden. Der Prozess beginnt von vorne.

Mit Bodenankern kannst du deine/n Klient*in durch die Positionen führen, bis sich am Ende eine Idee ergibt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gut funktionieren kann, da sie durch die unterschiedlichen Perspektiven überprüft und realistisch formuliert wurde. Diese Herangehensweise wird auch die „Disney Strategie” genannt, da sie an die „Walt Disney Methode” von Robert B. Dilts angelehnt ist.

Du siehst, das Drama Dreieck lässt sich in viele Seiten ausdehnen und interpretieren, mit anderen Modellen verknüpfen und weiterdenken. Dieser kurze Teaser war spannend für dich? Dann besuche doch unser Seminar „Konflikte einfach lösen” , wo du in zwei Tagen das gesamte Modell und die Primärenergien detailliert erarbeitest und in Drama Dreieck Übungen selbst ins Tun kommst.

Einsatzmöglichkeit 3: Für mehr Klarheit in deiner Rolle als Coach

Die drei Drama-Ecken zu kennen und ein Gefühl für die Dynamik zu entwickeln, kann dir auch in der psychosozialen Beratung helfen. Das ist wichtig, damit du deinen Klient*innen gegenüber nicht in eine Retter-Rolle fällst. In dem Moment, wo du das tust, befindest du dich nämlich selbst mitten im Drama Dreieck. Du erhältst den Konflikt so am Leben und kannst ihn nicht aus einer ressourcenvollen “Ich bin OK – Du bist OK” Position lösen.
Der erste Fehler ist es also, deinem/r Klient*in die Opfer-Rolle zu glauben. Begegne der Person stattdessen auf Augenhöhe und mit der Haltung, dass auch sie okay ist und bereits alle Ressourcen in sich trägt, um ihr Problem zu lösen – und du kannst durch gezielte Fragen oder Prozesse den Rahmen dafür setzen, ohne eine vorgefertigte Lösung auf einem Silbertablett zu präsentieren. Letzteres wäre nämlich eine Rettungs-Aktion und keine Coaching-Intervention.

Einsatzmöglichkeit 4: Tool zur Selbstreflexion

Natürlich kannst du dein Wissen rund ums Drama Dreick nicht nur in der Arbeit mit anderen anwenden, sondern auch als wirksames Werkzeug für deine eigene Weiterentwicklung nutzen.
Wenn dich zum Beispiel das Gefühl beschleicht, dass etwas in der Kommunikation zwischen dir und anderen gerade unrund läuft, kannst du dir folgende Fragen stellen:

  • Bin ich gerade in eine der Drama-Rollen geschlüpft?
  • Was brauche ich gerade, um mich selbst aus dem Drama zu holen? Wie kann ich selbst dazu beitragen?
  • Ist jemand anderes in dieser Situation im Drama?
  • (Wodurch) Sendet jemand gerade eine “Drama-Einladung” aus? Möchte ich sie annehmen?

Auch im Nachhinein bzw. ganz allgemein können dich solche Gedanken in der Selbstreflexion begleiten:

  • Warum war ich in einer gewissen Situation im Drama?
  • Habe ich eine bevorzugte Drama-Rolle, in die ich öfter falle? Wie kommt es dazu?
  • (Wann) Sende ich selbst “Drama-Einladungen” aus?
  • Was kann ich künftig machen, wenn ich bemerke, dass ich mich so verhalte?

Wenn du einmal ein Gespür für die Drama-Dynamik entwickelt hast, wirst du sehen, dass du dir das Leben ungemein einfacher machen kannst, indem du bewusst aus ihr ausbrichst. Denn in Ruhe betrachtet, ist ja vieles halb so dramatisch, oder? ;)

Wenn du nach diesem Vorgeschmack noch tiefer in die Materie “Drama Dreieck” eintauchen willst, dann empfehlen wir dir unsere Ausbildung zum Dipl. Systemischen Coach mit dem Einstiegsseminar “Konflikte einfach lösen” , in dem du die Rollen im Detail kennenlernst, viele Drama Dreieck Beispiele durchgehst und in der Selbsterfahrung erleben kannst, wie Drama im systemischen Coaching effektiv aufgelöst wird.