Wir haben uns in einem vergangenen Artikel schon angesehen, wie Humor generell im provokativen Coaching eingesetzt werden kann.
In diesem Artikel wollen wir einige konkrete Techniken des humorvollen Coachings vorstellen und diese im Kontext der Berufswelt und der Burnout-Prävention betrachten.
Während Kinder noch ca. 400 Mal pro Tag lachen, ist dies bei Erwachsenen nur mehr ca. 15 Mal der Fall und gerade im Büro haben viele gar nichts zu lachen. Dabei ist Lachen so gesund wie Joggen – es löst Spannungen in der Muskulatur und setzt Glückshormone frei.
Einer der großen Vorteile des humorvollen Ansatzes im Coaching ist aber das Auflockern von festgefahrenen Mustern und Verhaltensweisen. Denn es sind gerade diese primär durch unsere linke rationale Gehirnhälfte bestimmten Abläufe, die uns auch im Job das Leben schwer machen oder uns vielleicht sogar ins Burnout bringen können.
Wir wir in einem vergangenen Artikel über Resilienz schon beschrieben haben, umfasst der Weg aus dem Burnout viele Faktoren – einer davon kann eben Humor sein.
Mit diesen Tipps erweckst auch du den Clown in dir!
Fürs Beginnen hat es sich bewährt, den Sinn für humorvolle Situationen zu schärfen. Dies kannst du zum Beispiel mit Hilfe eines Humortagebuches machen, in dem du kuriose Situationen aus deinem Alltag festhältst. Dazu gehst du deinen Tag durch, oder du schaust eine Tageszeitung durch, und fragst dich statt „Was ist denn heute wieder Schlimmes passiert?“ lieber „Was ist alles Kurioses passiert?“ Das schult deinen Blick für die humorvollen Dinge des Lebens und lässt dich auch deinen ganz persönlichen Humor-Stil finden.
Noch dazu sammelst du Anekdoten und lustige Geschichten, die du später immer wieder mal gebrauchen kannst.
Egal ob du Coach bist und Menschen auf dem Weg aus dem Burnout unterstützt, oder selbst im Berufsalltag betroffen bist, hier folgen einige weitere Humor-Bausteine:
Übertreibungen
Über dieses Stilmittel haben wir schon ausführlich im oben erwähnten Artikel im Zusammenhang mit provokativen Coaching geschrieben. Übertreibungen sind gut geeignet, um vorher gesetzte enge Grenzen aufzubrechen und eine neue Perspektive einzunehmen.
Besonders im beruflichen Kontext, wo meist automatisch mit großer Ernsthaftigkeit nach passenden Lösungen gesucht wird, ist die bewusste Suche nach völlig überzogenen schlechten Lösungen, eine gute Möglichkeit, um Kreativität zu fördern.
Eine Frage dazu wäre: „Wie würde das Projekt laufen, wenn alles schief gehen würde?“. Der „Teufels Advokat“ macht besonders im Büro-Alltag großen Spaß, wenn man es gemeinsam im Team und ganz bewusst „spielt“.
Gegenstände verfremden
Alltäglichen Gegenständen einen neuen Bedeutungsrahmen zu geben, hat großes Potential für Lacher und damit auch für sanfte Perspektivenwechsel. Gerade mit Büromaterialien lässt sich allerlei Unfug anstellen.
Daher beim nächsten Telefon-Ausfall im Büro lieber aus 2 Joghurtbecher ein Schnurtelefon basteln – das lockert die Stimmung im Team auf und der Telekom-Techniker kommt genauso schnell, wie wenn man sich in der Zwischenzeit geärgert hätte!
Brüche herbeiführen
Damit ist jetzt nicht gemeint, dem ungeliebten Chef ein Bein zu brechen, wenn er wieder mal einer Gehaltserhöhung nicht zustimmt.
Viel eher sind damit Stil-Brüche oder Brüche im Arbeitsablauf zu verstehen – wie zum Beispiel mal pinke Einhorn-Hausschuhe zum schicken Business-Outfit im Büro zu tragen. Vielleicht hast du auch schon bemerkt, dass starke Persönlichkeiten auch über sich selbst lachen können und sich auch mal trauen, Grenzen zu überschreiten – gerne auch die eigenen. Menschen, die dagegen aufs Burnout zugehen, zeigen eher ein vorsichtiges Verhalten und bewegen sich selten über die (auch oft selbst) gesteckten Grenzen hinaus.
Faux pas nutzen
Immer wieder gibt es diese „ups“-Momente in allerlei Abstufungen – von kleinen Fehlern bis hin zu größeren Missgeschicken. Schließlich lernen wir durch Fehler und in einem Umfeld, in dem keine Fehler erlaubt sind, passieren sie sogar häufiger. Umso mehr Möglichkeiten, um diese für humorvolles Reframing zu nutzen!
Warum nicht mal einem gescheiterten Projekt durch einen netten Altar am Bürotisch mit einem Foto und Kerzen nachtrauern?
Running Gags
Oft liegt der Humor in der Wiederholung einer Tätigkeit. Diese Running Gags haben nicht nur die Eigenschaft, erst durch die Wiederholung lustig zu sein, sondern können auch im Team bzw. unter Arbeitskollegen den Zusammenhalt stärken, da diese nur unter den „Insidern“ verstanden werden. Gewisse Gesten oder Gegenstände können so zu einem „Humor-Anker“ werden und damit Situationen innerhalb von Sekunden positiv beeinflussen.
Wichtig bei all diesen Tipps ist aber – ähnlich wie beim provokativen Coaching – dass der Humor nur dann nicht nach hinten losgeht, wenn er auch auf einer empathischen Grundhaltung basiert. Witze auf Kosten anderer, oder um andere Kollegen schlecht da stehen zu lassen, funktionieren nicht. Auch ist beim Humor – besonders im beruflichen Umfeld – der Kontext ausschlaggebend und welche (soziale) Rolle man inne hat. Eine Führungskraft kann sich schlussendlich „mehr erlauben“, hat aber dafür auch eine größere Verantwortung im zwischenmenschlichen, humorvollen Umgang.
Andererseits kann, besonders in einer verantwortungsvollen Position, ein bewusster Ausstieg aus der klassischen (Führungs-)Rolle auch Souveränität zeigen und einen gleichzeitig sogar für Mitarbeiter nahbarer machen.
Du siehst, Humor hat großes Potential auch im beruflichen Umfeld und es lohnt sich, dich ein wenig auszutoben und spielerisch auf das Thema einzulassen.