“Das ist so typisch für mich” – in manchen Situationen verhalten wir uns stets ähnlich. Uns unterlaufen dieselben Fehler, wir zeigen dieselben Reaktionen und handeln nach denselben Mustern. Wie können wir verhindern, dass schlechte Gewohnheiten zu ungeliebten Lastern werden und wodurch lassen sich unsere guten Gewohnheiten zu Multiplikatoren für Resilienz machen? 

Ein Sprichwort besagt, der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das zeigt sich nicht nur an unserem Essverhalten, unseren präferierten Lernmethoden oder unserer Alltagsgestaltung. Auch Krisen sehen und schwere Zeiten haben häufig dieselbe Gestalt. Nicht verwunderlich also, dass auch unsere Reaktionen auf Rückschläge und Fehlversuche einander ähneln. Nicht immer legen wir dabei gute Gewohnheiten an den Tag. Wenn wir uns dessen jedoch bewusst sind, warum ändern wir es dann nicht? So einfach ist das natürlich nicht. Um hinter das Gebilde unserer Verhaltensmuster zu blicken, müssen wir zuerst ihre Auslöser betrachten. 

Wie verläuft die Achterbahn der Gefühle? 

Nicht nur unsere Reaktionen auf Krisen oder akute Stresssituationen sind häufig ähnlich, sondern auch die Gefühlszustände, von denen harte Zeiten geprägt sind. Im Roller Coaster Modell nach Hurst/Shepard (1986) wird abgebildet, welche Phasen jemand durchläuft, der gerade mit einem Umbruch in seinem Leben hadert. Auch diese verlaufen nach einem klaren Muster: 

  1. Vorahnung: Bei betroffenen Personen tut sich meist ein erster Verdacht auf, dass sich eine Krise nähert. 
  2. Schock: Trotz aller Vorzeichen trifft den Betroffenen dann die Gewissheit: das Antizipierte ist eingetreten. Der Schock sitzt im ersten Moment tief und es wird Zeit gebraucht, um die Situation zu realisieren und als endgültig wahrzunehmen. 
  3. a) Trauer: Besonders wenn es zu einem Verlust gekommen ist, setzt eine Phase des Trauerns ein. Diese kann geprägt sein von Gefühlen der Leere bis hin zur Erleichterung.
    b) Anstrengung: Der Betroffene fasst neuen Mut und versucht, durch schnelle Pläne nicht auf die schiefe Bahn zu geraten. Wenn in diesem Stadium Erfolge verbucht werden, können die 4. und 5. Phase übersprungen werden. 
  4. a) Sorge: Nach den ersten Versuchen, sich aus der Krise zu ziehen, folgen Zweifel. Was, wenn der erstbeste Plan scheitert? Wie soll es von hier aus weiter gehen?
    b) Leugnung: Besonders wenn die ersten Versuche tatsächlich scheitern, folgt das Beschönigen der Situation.
    c) Wut: Nach einer Phase, die von Gefühlen wie Trauer und Selbstmitleid gezeichnet ist, folgt Wut. Schuldige werden gesucht, das eigene Verschulden möglicherweise ausgeblendet, Frust und Ärger machen sich breit.
    d) Aufgabe: Wenn gefühlt nichts mehr hilft, hissen die Betroffenen die weiße Fahne und geben (sich selbst) auf. Resignation treibt Personen schließlich zum emotionalen Tiefpunkt.
    e) Depression: Besonders wenn der Selbstwert an das geknüpft war, was verloren gegangen ist, können Betroffene in depressive Phasen fallen. Die eigene Persönlichkeit wird hinterfragt, es fühlt sich an als hätte die Person auch ein Stück ihres Wertes verloren.
  5. Hoffnung: Unterschiedlichste Umstände können natürlich verhindern, dass jemand in die Tiefen der 4. Phase abrutscht. Gute Beziehungen geben Stabilität oder Sorgen verflüchtigen sich durch kleine Erfolgserlebnisse wieder. Mut und Hoffnung verhelfen zu einem (leichten) Hoch – zumindest so lange keine neuerlichen Rückschläge eingesteckt werden müssen. Diese können Betroffene zurück in die 4er-Tiefen werfen. 
  6. EnthusiasmusEndlich! Eine tatsächliche Lösung der Situation tut sich auf. Ein Job, neu gewonnene Leichtigkeit aus erfüllenden Beschäftigungen oder ein Neustart an einem anderen Ort lassen Freude aufkeimen. Die Mühen der vergangenen Wochen oder Monate tragen Früchte. 
  7.  a) Überwindung: Der Betroffene hat die Krise hinter sich gebracht, viel gelernt und ist im besten Fall gestärkt und resilienter aus der schweren Zeit hervorgegangen.
    b) Neuer Zyklus: Tritt hier ein unerwarteter Misserfolg ein, brechen die fragilen Kartenhäuser unserer Psyche erst recht ein. Ein wiederholter 4er-Zyklus beginnt und löst nicht selten noch stärkeres Hinterfragen des Selbstwertes, Hilflosigkeitsgefühle und Apathie aus. 

Willst du dir selbst durch den Aufbau deiner Resilienz helfen, Schicksalsschläge und Misserfolge besser zu verarbeiten, kannst du damit beginnen, dir dieser Phasen bewusst zu werden – und möglichst früh versuchen, 4er Zyklen zu überspringen. Dabei hilfreich sein kann auch das Erkennen und Nutzen von eigenen Verhaltensmustern, um im Fall der Fälle besser zu verstehen, in welcher Phase du dich befindest. Wie zeigt sich bei dir Trauer? Durch welche (Nicht-)Handlungen oder Aussagen macht sich deine Wut bemerkbar? Wenn du diese Muster erkennst, kannst du gegensteuern.  

Nach welchen Mustern bist du gestrickt?

Sichtbar werden unserMuster meist in Situationen, in denen wir unbewusst handeln, sprich Situationen, in denen unsere Emotionen Überhand gewinnen und Rationalität an die zweite Stelle rückt. Genau das geschieht häufig in absoluten Hoch- oder Tiefphasen. In Momenten oder Zeiten, in denen wir entweder von Glücksgefühlen überrollt werden oder in solchen, in denen wir mit Krisen hadern.  

Möchtest du deine eigenen Muster zum Vorschein bringen, beginne damit zu überlegen, wodurch sich in den vergangenen Jahren Hoch- und Tiefphasen bei dir geäußert haben. Was ist geschehen? Welche Auslöser haben dich in deine Höhen katapultiert und was hat in deinem Leben Schwierigkeiten ausgelöst? Ausbildungsabschlüsse, Umzüge, Beförderungen, Trennungen – jede Art von Erfolg oder Rückschlag kann zu Ausnahmezuständen führen. 

Im nächsten Schritt frag dich selbst, wie du mit diesen Situationen umgegangen bist. Wie hast du dich gefühlt? Welche Emotionen haben dich geleitet und in welchem Verhalten haben sie resultiert? Hast du in Schockmomenten häufig Fluchtverhalten an den Tag gelegt und bist weggefahren, um aus dem gewohnten Umfeld auszubrechen? Hast du dich nach großen Erfolgen mit Pausen belohnt, die in ungewollten Langphasen der Unproduktivität geendet haben?  Stell dir diese Fragen in Bezug auf verschiedene Situationen in der Vergangenheit. Du wirst bemerken, nicht selten tun sich Ähnlichkeiten auf – Muster werden erkennbar.  

“Die reinste Form des Wahnsinns ist es,
alles beim Alten zu belassen und zu hoffen,
dass sich etwas ändert”
Albert Einstein

Wie machst du dir dieses Wissen zu Nutze? 

Daraufhin kannst du bewerten, ob du diese Muster für sinnvoll und hilfreich erachtest, oder ob du sie als schädlich empfindest. Ermutige dich daraufhin selbst dazu, ungewollte Angewohnheiten hinter dir zu lassen und positive stärker in deinem Leben zu etablieren. Du hast gemerkt, dass dir in Tiefphasen Sport stets geholfen hat? Super, dann buche doch wieder einmal einen Yoga Kurs! Dir hilft es, über Erlebtes zu sprechen und du findest Kraft in Gesprächen und sozialer Interaktion? Ruf FreundInnen an, mit denen du schon länger wieder mal einen Kaffee trinken wolltest. Du warst schon immer eher ein “Aus den Augen, aus dem Sinn”-Mensch? Vom nächsten Bahnhof fahren viele Züge ins Blaue! 

Tust du solche Dinge auch, wenn gerade alles in deinem Leben rund läuft, werden diese Gewohnheiten in harten Phasen abfedernd wie Auffangnetze wirken, da sie dir Energiereserven und mentale Stärke aufbauen.  Daraus resultiert, dass du so manchen Tiefpunkt gar nicht erst erreichst. Die scheinbar kleinen Dinge sind somit der Schlüssel zur Resilienz. Welche anderen Gewohnheiten und Verhaltensweisen dir noch helfen könnten, haben wir übrigens bereits im vorherigen Artikel unserer Resilienz-Reihe für dich zusammengefasst. 

Abschließend lässt sich sagen, Resilienz erfordert Ausdauer und nun mal auch Tiefschläge. Sie ist wie eine Blume – ohne Regen wächst sie nicht. Egal vor welche Herausforderung dich dein Leben also stellt, versuch sie als SteppingStone zu stärkerer Resilienz zu sehen.  

Lies gleich weiter und erfahre mehr über Resilienz im Job.

Die gesamte Resilienz Serie

Teil 1: Raus aus dem Hamsterrad!

Teil 2: Fünf Tools für den Alltag

Teil 4: Widerstandsfähig sein im Job