Mit Freunden zusammensitzen und stundenlang in eine andere Welt eintauchen: Spielen, so ganz ohne Technik, Internet oder Akku – physisch, an einem Tisch, mit anderen Menschen und echter Kommunikation. Du erinnerst dich sicher daran ;-). Für viele ist es leider schon wieder viel zu lange her seit dem letzten „Spieleabend“.

Dabei ist Spielen die natürlichste Form des Lernens und auch für Erwachsene ein gesundes Lebenselexier.
Höchste Zeit also für ein Loblied auf diese bedrohte Art, seine Zeit sinnvoll zu verbringen!

„Rettet das Spiel!“

Wenn es ums Spielen geht, denken viele von uns gerne an die „gute alten Zeit“, als uns noch ein Blatt Papier genügt hat, um darauf Tic-Tac-Toe oder Schifferl versenken zu spielen und wir mit einem Stück Holz, einer Schnur und einem Taschenmesser bewaffnet ganze Nachmittage damit verbracht haben, im Wald Pfeil und Bogen zu spielen. Aber nicht nur die Kinder von heute hängen nun lieber am Handy oder Tablet ab, sondern auch wir Erwachsene.

Eine beunruhigende Entwicklung, wie der Hirnforscher Gerald Hüther und der Philosoph Christoph Quarch in ihrem neuesten Buch „Rettet das Spiel! – Weil Leben mehr als Funktionieren ist“ finden. Ziemlich dramatisch klingt es da, wenn sie davon sprechen, dass es beim Aussterben des natürlichen Spieltriebes um „unser ganzes Leben, unsere Lebendigkeit und unsere Kultur“ geht.

Um das zu verstehen, werfen sie einen Blick auf die Entstehungsgeschichte des Spielens. Diese geht zurück auf bearbeitete Stein- und Knochenspielzeuge, Murmeln und das altägyptische Schlangenspiel „Mehen“ sowie die Entstehung der olympischen Spiele bei den Griechen. Diese Rückschau schlägt die Brücke bis in die heutige Zeit, wo nicht nur Fußball gespielt wird, sondern auch Musik und Schau-Spiel.

Wir Menschen lernen im Spiel, wir nutzen es für soziale Bindungen und üben spielerisch bestimmte körperliche und geistige Fähigkeiten für den Ernstfall. Spielen tut aber auch gut und ist gesund. Im Kernspintomografen lässt sich zum Beispiel zeigen, dass im Angstzentrum im Gehirn eines spielenden Menschen weniger Sauerstoff verbraucht wird. Wer spielt, kann also seine Ängste abbauen.

Stressabbau, Lebensfreude und Spaß – so ganz ohne Therapie!

Spielen ist außerdem gut für zwischenmenschliche Beziehungen, indem es als Blitzableiter für extreme Emotionen dient und die Selbstbeherrschung trainiert. Gerald Hüther und Christoph Quarch kommen daher zum Schluss: „Spielen entgiftet und verbindet!“

Diese 5 Kriterien machen ein Spiel gesund

Mit Emotionen umgehen und Selbstbeherrschung trainieren: Gerade diese Form der Selbstkontrolle fehlt vielen Kindern (und auch Erwachsenen?) von heute. Schließlich gilt: Auch Verlieren mag gelernt werden!
Es gibt sogar eine eigene Wissenschaft, die sich mit dem Phänomen des Spielens und auch den positiven Effekten des Spielens auf unsere Gesundheit beschäftigt: die Ludologie.

Der niederländischen Ludologie-Vorreiter Johan Huizinga nennt folgende 5 Eigenschaften, die ein „echtes“ Spiel ausmachen:

  • Es handelt sich um eine freiwillige Beschäftigung.
  • Das Spiel ist begleitet von einem Gefühl der Spannung und Freude sowie dem Wissen, dass es sich vom normalen Leben unterscheidet.
  • Es hat bindende Regeln, die freiwillig angenommen werden.
  • Das Spiel hat sein Ziel nur in sich selbst, dient also etwa keinem Geld-Gewinn.
  • Es hat festgesetzte Grenzen, speziell ein vordefiniertes Ende.

Hier zeigt sich ein Unterschied speziell mit vielen Online-Spielen der heutigen Zeit: Es fehlen klare Grenzen und damit auch das Ende. Vielen dieser Spiele mangelt es an einem „Schachmatt“ und sie gehen endlos weiter. Damit handelt es sich nach der obigen Definition um kein wirkliches Spiel – und tatsächlich können Kinder (aber auch wir Erwachsene) damit Probleme bekommen.

Es kommt nämlich zu einer Art Abhängigkeit vom „Spiel“ und der bequeme Griff zum Smartphone passiert als Automatismus. Die Folgen davon sind – neben der angesprochenen geringeren Selbstkontrolle – eine Verringerung der Kommunikation mit Mitmenschen und der Kreativität. Also im Grunde das genaue Gegenteil von dem, was das Spielen eigentlich so wertvoll macht!

Gute Spiele in der Praxis

Dies soll allerdings nicht heißen, dass alle Online-Spiele automatisch schlecht sind. Digitale Kompetenz ist unverzichtbar und es gibt durchaus auch digitale Spiele, die Reaktionsfähigkeit, kreative Problemlösung oder Multitasking-Fähigkeiten fördern. Die psycho-sozialen Vorteile hängen aber eng mit den oben angesprochenen Grenzen und den anderen Kriterien zusammen.

Vorrangig ist allerdings, dass generell wieder mehr gespielt wird. Das gilt nicht nur für die richtigen Spiele für Kinder und Erwachsene, sondern auch für ältere Menschen, die ihrem Gehirn etwas Gutes tun wollen.

Denn Spielen trainiert das Gedächtnis – und in Verbindung mit Emotionen, vor allem durch Freude, werden Dinge nicht nur leichter behalten, sondern auch im Gehirn einfacher wieder abgerufen.

Nicht umsonst gibt es eine Zunahme der sogenannten „Gamification“ in den letzten Jahren – also Lerninhalte in spielerischer Form zu verpacken. Gamification ist aber auch im Marketing – wo es ja darum geht, Marketingbotschaften in den Gehirnen des Zielpublikums zu verankern – ein gern genutztes Werkzeug.

Oft sind es aber die ganz einfachen Spiele, die uns im Alltag eine Zunahme an Kreativität und Problemlösefähigkeit ermöglichen.

Versuche doch zum Beispiel einfach mal – egal ob im Freien, zu Hause oder im Büro – innerhalb von 30 Sekunden maximal 3 beliebige Gegenstände zu suchen und dir ein einfaches Spiel dazu auszudenken. Bleistift-Mikado, Münzen-Zielwurf, PC-Maus verstecken usw. – deiner Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt!

„Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt!“ – Friedrich Schiller