Coaching ist ein in den letzten Jahren beinahe schon inflationär benutzter Begriff und man bekommt fast den Eindruck, dass heutzutage „eh schon jeder“ Coach ist.
Definiert ist das Coaching als ein interaktiver personenzentrierter Beratungs- und Begleitungsprozess , der zeitlich begrenzt, themenbezogen und zielorientiert stattfindet.
Der Begriff Coach hat seine Wurzel im Ungarischen und bedeutet eigentlich „Kutsche“ – also etwas, das uns von einem Ort zu einem anderen bringt – oder, auf die Persönlichkeit bezogen, etwas, das uns weiter bringt. Coaching als prozessorientierte Begleitung läuft allerdings nach ganz gewissen Spielregeln ab, die wir uns in diesem Artikel etwas näher anschauen wollen, denn nicht überall, wo Coaching drauf steht, ist auch wirklich Coaching drin.

Einige Ziele und Nutzen von Coaching

  • Finden von Klarheit zu einem Thema
  • Entscheidungen treffen und Entscheidungsfähigkeit erhöhen
  • Selbstwert, Selbstsicherheit und Selbstvertrauen stärken
  • Motivation und Mut zum Tun erlangen
  • Impulse für Veränderungen bekommen
  • Begleitung in “schweren Zeiten” durch eine neutrale Grundhaltung
  • eigene Lösungen für herausfordernde Situationen finden
  • Stärken stärken und Schwächen akzeptieren lernen
  • Resilienz entwickeln – positiver Umgang mit Stress
  • Besserer Umgang mit „schwierigen Mitmenschen“
  • Gedanken, Gefühle und Reaktionen annehmen lernen

Grundsätzlich ist ein Coaching aber immer auch eine wertvolle Zeit, die ich mir für mich selbst nehme. Zeit für mich, wo ich mit dem Coach jemanden zur Seite habe, der mir zuhört und mich ernst nimmt; wo ich meine Gedanken, Gefühle, Wünsche und Befürchtungen äußern kann, um gemeinsam mit dem Coach an einer Lösung zu arbeiten.

Die Coaching Spielregeln

Wie sehen nun die Rahmenbedingungen aus und unter welchen Bedingungen findet Coaching statt? (vgl. dazu Simon-Adorf, „Was Sie schon immer über Coaching wissen wollten“ S14f.)

  • Verschwiegenheit
  • Freiwilligkeit
  • Unabhängigkeit
  • Eigenverantwortung
  • Freie Wahl der Inhalte
  • Der Klient bestimmt den Inhalt und der Coach leitet den Prozess
  • Offener methodischer Rahmen
  • Professionelle Beziehung
  • Klarer Zeitrahmen
  • Störungsfreies Setting

Auf Basis dieser Spielregeln und aufbauend auf einem soliden Rapport zwischen Coach und Klient, kommt es zu Beginn meist zu einer gemeinsamen Erhebung des „IST-Zustandes“, um dann lösungsorientiert mithilfe unterschiedlicher Werkzeuge auf das Ziel hinzuarbeiten.

Dabei geht es auch immer wieder darum, verschiedene Ebenen und Positionen zu erkennen und einzunehmen. Diese Kompetenzen kann der Coachee dann mitunter auch in anderen Situationen für sich selbst verwenden und ausprobieren – dies stärkt damit oft auch die Problemlösungsfähigkeit in anderen Themenbereichen.
Der Klient kann im Coaching zum Beispiel die Fähigkeit erlernen, von einer sehr stark mit dem Problem identifizierten Sicht in eine Meta-Position zu wechseln, um durch die neue Beobachter-Rolle dann mit neuen Augen auf das ursprüngliche Problem zu blicken.
So wirkt sich das Coaching dann – abhängig vom davor mit dem Coach besprochenen Thema – meist auf verschiedene Ebenen im Leben des Klienten aus. Da kann es dann um ganz konkrete Verhaltensänderungen und deren Umsetzung gehen, um das Erkennen der eigenen Werte und Prioritäten, um die Aktivierung von neu erkannten Ressourcen und hilfreichen Glaubenssätzen bis hin zu Fragen zur eigenen Identität und dem Lebenssinn.

Coaching oder doch besser Couching?

Wie bereits an den Zielen und der Herangehensweise erkennbar, ersetzt ein Coaching keine Psychotherapie. Ein Coach wird somit auch im Randbereich von psychischen Erkrankungen, bei Suizidialität, Depression oder Sucht, an einen Psychotherapeuten oder Psychiater verweisen. Die meisten Coaches pflegen deshalb auch ein Netzwerk von Menschen in “angrenzenden Berufen”, kennen also zB Psychiater, Psychologen und Psychotherapeuten, die sie in diesen Fällen abrufen können. Grundsätzlich sollte ein Coach aber auch über das nötige Fachwissen verfügen, um in Krisenfällen als „Erste Hilfe“ zur Seite zu stehen.

Über Beweisbarkeit, Methodenvielfalt und Kritik des Coachings

Erst Anfang 2017 erschien in einem der größten deutschsprachigen Medien „Die Zeit“ ein Artikel über Coaching und Lebensberatung. Darin wurden, in einem fast schon skurril anmutenden und eher an eine Satire erinnernden Erfahrungsbericht, unter anderem die fehlenden Qualitätsstandards der Branche bemängelt, der spielerische Umgang mit Coaching-Tools als „Kindereien“ abgetan, und diverse Methoden der Achtsamkeit und Stressprävention als esoterischer Unfug dargestellt.
Kurz: Lebensberatung und Coaching wären eine „Therapie für Arme“ und Coaches seien nicht ernst zu nehmende Motivationsclowns.
Auch wenn sich dieser Artikel nicht direkt auf Österreich bezieht, zeigt es doch den oft kritischen Blick der Medien auf die Coaching-Branche, der leider noch immer allzu oft auf Missverständnissen beruht.

Zuerst ist dazu zu sagen, dass es sehr wohl Qualitätsstandards für Coaching gibt. Ja, es ist sicherlich richtig, dass nicht alle Coaching-Ausbildungen gleich hohe Qualitätsansprüche haben.
Die Ausbildungen, die bei uns am il Institut stattfinden, haben daher die wichtigsten Zertifizierungen in Österreich (und auch international).
Besonders Coaches, die im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen als psychologische Berater (Lebens- und Sozialberater) arbeiten, unterliegen einer in Bezug auf ihre Ausbildung strengen quantitativen und qualitativen Regulation.
Ja, zugegeben, für einen Außenstehenden bzw. Journalisten, der noch nie mit Selbsterfahrung zu tun hatte und der „kalt“ in eine von einem Coach geleitete Gruppe geschmissen wird, mögen die verwendeten Werkzeuge befremdlich oder (zu) spielerisch anmuten. Was aber kein Beweis für eine mangelnde Wirksamkeit der verwendeten Methoden ist. Es gibt genug wissenschaftliche Studien über die Wirksamkeit des Coachings und die Branche ist natürlich bestrebt, diese Forschungen voran zu treiben, um unter anderem den oben erwähnten Anschuldigungen der „Unseriosität“ entgegenzuwirken.
Jährlich stattfindende Kongresse (wie z.B. „Coaching meets Research“ im deutschsprachigen Raum) dienen einer weiteren Schärfung dieses Profils in der Öffentlichkeit.

Der Mensch und seine Beziehungen im Mittelpunkt – Systemisches Coaching

Der systemische Ansatz im Coaching erweitert die Perspektive der generellen Lösungs- und Zielorientierung des Coachings um eine ganzheitliche Sichtweise.
Systemisches Coaching sieht daher den Klienten im Wechselspiel von Beziehungen im Berufs- und Privatleben, mit Kollegen, Freunden, Partnern und Familie. Problemstellungen erscheinen meist in einem anderen Licht, je nachdem in welchen System wir uns befinden. Lösungen lassen sich daher auch besser finden, wenn wir diese Systeme mit einbeziehen.
Auch die Beziehung Coach-Klient ist ein System, in dem neue Verhaltensweisen, Problemlösungen und Rollen trainiert werden können.
Das sind gute Gründe, warum die Ausbildung zum Dipl. Systemischer Coach bei uns auch ein wesentlicher Teil der kompletten Ausbildung zum Dipl. Lebens- und Sozialberater ist.

Es würde natürlich noch viel mehr zum Thema Coaching in Österreich bzw. Coaching Ausbildung zu sagen geben. In einem zukünftigen Artikel werden wir uns die Aufgaben eines Familiencoach näher ansehen und welche speziellen Voraussetzungen und Herangehensweisen es gibt, um als Coach mit dem System „Familie“ zu arbeiten.